Projekte

Koordination der bundesweiten Roten Listen der Pseudoskorpione (Arachnida: Pseudoscorpiones), Spinnen (Arachnida: Araneae) und Weberknechte (Arachnida: Opiliones)

Im Projektzeitraum 2022-2025 habe ich im Auftrag des Rote Liste Zentrums (DLR Projektträger) die Hauptkoordination der Neuerstellung der Roten Listen der Spinnentiere (Pseudoskorpione, Spinnen, Weberknechte) übernommen. Die Abschätzung der Bestandstrends (noch) häufiger Spinnenarten soll dabei erstmals durch eine moderne Trendanalyse unterlegt werden. Derzeit werden die Daten verfügbarer Zeitreihenuntersuchungen in die Datenbank Diversity Workbench am Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe übertragen. Für die Öffentlichkeit freigegebene Daten sind über das Portal AraMob zugänglich, sie stehen fortan für die Bearbeitung ökologischer Fragestellungen zur Verfügung. Außerdem wird an einer Exportfunktion für die Übertragung der Daten in den Atlas der Spinnentiere Europas in der gewünschten Datentiefe gearbeitet. Die Analyse der Trenddaten soll zusammen mit sMon Projektpartnern am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig stattfinden.

Im Vorfeld (2022-2023) wurden vom Rote Liste Zentrum Aufträge zur gezielten Nachsuche nach verschollenen Arten als Grundlage der Aktualisierung der Roten Listen der Spinnentiere in Auftrag gegeben. Nach sieben Spinnenarten (Attulus dzieduszyckii, Eratigena fuesslini, Leviellus thorelli, Panamomops fagei, Panamomops tauricornis, Pardosa baehrorum, Trichoncus sordidus) und drei Arten der Pseudoskorpione (Dactylochelifer latreillii septentrionalis, Neobisium crassifemoratum, Withius piger) wurde an historischen Fundorten durch ausgewiesene Experten gefahndet. Für das Taxon Dactylochelifer latreillii septentrionalis gelangen dabei aktuelle Wiederfunde auf den Nordseeinseln Langeoog und Helgoland. Diese Aufsammlungen stellten eine Grundlage für die taxonomische Revision des Artenkomplexes dar.

Abgeschlossene Projekte

Erarbeitung eines Konzeptes für ein Spinnenmonitoring in Naturparken Mecklenburg-Vorpommerns

Für die sieben Naturparke des Landes Mecklenburg-Vorpommerns soll ein Konzept für ein Monitoring der Spinnen entwickelt werden, das sich an den Methodenstandards des bundesweiten Insektenmonitorings orientiert. Spinnen sind Bestandteil des Minimalprogramms zum Monitoring häufiger Insekten auf Bundesebene. Die praktische Umsetzung des Monitorings soll in Zukunft weitgehend durch die Ranger der Naturparke absolviert werden. In einer Pilotphase im Naturpark Usedom (Oktober bis November 2021) werden derzeit Mitarbeiter der Naturparkverwaltung in Erfassungs-, Sortier- und Auswertungsmethoden eingewiesen. Dem Minimalprogramm der ersten Säule des bundesweiten Insektenmonitorings entsprechend werden Spinnen der „Normallandschaft“ in Acker, Grünland und Wald mit Bodenfallen untersucht. Als charakteristischer Lebensraum im Naturpark Usedom wird zudem eine Küstendüne bei Ahlbeck einbezogen. Außerdem kommen erstmals Stammeklektoren zur Erfassung der Spinnenfauna in Mecklenburg-Vorpommern zum Einsatz.

MOOSWEIT

Im Frühjahr 2011 wurde bei Rastede (Landkreis Ammerland, Niedersachsen) eine ca. 4 ha große Torfmoos-Kultivierungsfläche angelegt. Wissenschaftliche Begleituntersuchungen zur Entwicklung von Flora und Fauna sollen den naturschutzfachlichen Wert der Fläche dokumentieren und Bewertungen im Vergleich zu naturnahen Mooren ermöglichen. Seit Einrichtung der Fläche (zunächst im Vorgängerprojet MOOSGRÜN) untersuche ich die Sukzession der Artengemeinschaften von Spinnen und Weberknechten. Im ersten Jahr hat sich eine drastische Veränderung des Artenspektrums von Pionierarten hin zu einer Artengemeinschaft hygrophiler Offenlandarten vollzogen. Die Anteile seltener und gefährdeter Arten (Rote Liste) sind kontinuierlich gestiegen. Als Charakterart der Torfmoosrasen hat sich Pirata piscatorius eingestellt. Aktuell steht der Einfluss des Ernteregimes im Vordergrund des Interesses.

Träger des Verbundvorhabens ist das Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.

Publikationen:

MUSTER,C., GAUDIG,G., KREBS,M., JOOSTEN, H. (2015): Sphagnum farming – the promised land for peat bog species? – Biodiversity and Conservation 24, 1989-2009.

MUSTER, C., KREBS, M., JOOSTEN, H. (2020): Seven years of spider community succession in a Sphagnum farm. – Journal of Arachnology 48, 119-131.

Gefährdungsursachenanalyse von Rote-Liste-Arten der Spinnentiere Deutschlands

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat 2018 ein F+E-Vorhaben zur Erfassung, Dokumentation und Analyse der Gefährdungsursachen von Tieren, Pflanzen und Pilzen Deutschlands an die Abteilung Biodiversität und Landschaftsökologie der Universität Osnabrück in Auftrag gegeben. Eine Artengruppen-übergreifende, standardisierte Methodik soll die Vergleichbarkeit, die Transparenz und die Nachvollziehbarkeit der Bewertungen sicherstellen. Die Gefährdungsursachenanalyse soll eine Bewertungsgrundlage für die Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes liefern, aber auch Schutz- und Hilfsmaßnahmen für gefährdete Arten zu identifizieren und zu deren Umsetzung beitragen.

In die Gefährdungsursachenanalyse werden Koordinatoren und Experten der einzelnen Artengruppen eingebunden. Für die Spinnentiere habe ich die Koordination übernommen, insgesamt werden acht Spinnenkundige mitwirken und die Gefährdungsursachen von 30 Spinnen-, 5 Weberknecht- und 11 Pseudoskorpion-Arten analysieren. Grundlage ist ein hierarchisch aufgebauter, verursacherbezogener Katalog von 243 Gefährdungsursachen. Anhand von Fallbeispielen soll dokumentiert werden, welche Studien, Beobachtungen oder Kenntnisse der Auswahl wichtiger Gefährdungsursachen zugrunde liegen. Die Bewertung durch die Experten soll 2020 abgeschlossen sein.

FFH-Monitoring des Pseudoskorpions Anthrenochernes stellae im Saarland

Der Pseudoskorpion Anthrenochernes stellae gehört zu den am seltensten nachgewiesenen Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie in Deutschland (bisher < 30 Individuen von 14 Fundorten). „Stellas Urwaldskorpion“ lebt im Mulm alter und abgestorbener Baumhöhlen und ist oft mit sogenannten Urwaldrelikten assoziiert, also Arten, die auf Strukturvielfalt (insbesondere Kontinuität der Alters- und Zerfallsphase) und auf eine ungebrochene Habitattradition angewiesen sind.

Im Frühjahr 2008 wurde in einer Malaisefalle im NATURA 2000-Gebiet 6605-301 „Nied“ ein Weibchen von Anthrenochernes stellae nachgewiesen, das sich an der hinteren Extremität der Schwebfliege Myathropa florea festgeklammert hatte (Ssymank & Muster 2010). Nach Artikel 11 der FFH-Richtlinie sind die Länder verpflichtet, den Erhaltungszustand der Arten von europäischem Interesse durch Monitoring zu überwachen. Anfang 2020 hat das Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes einen Auftrag zur stichprobenartigen Erfassung von Anthrenochernes stellae vergeben. Die Erfassung erfolgt zum einen in der unmittelbaren Umgebung des bekannten Fundortes im FFH-Gebiet „Nied“, sowie zum anderen im FFH- und Vogelschutzgebiet 6405-302 „Saarhölzbachtal und Zunkelsbruch“, welches das an Urwaldreliktarten reichste Gebiet des Saarlandes darstellt. Die Methodik orientiert sich an aktuellen Erfahrungen aus Hessen (Schaffrath 2018).

Literatur:
SCHAFFRATH, U. (2018): Sondergutachten 2018 zur Erfassung des Pseudoskorpions Anthrenochernes stellae LOHMANDER, 1939 (Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie) in Hessen. Gutachten im Auftrag des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie. 51 S. (unveröffentlicht).

SSYMANK, A., MUSTER, C. (2010): Anthrenochernes stellae LOHMANDER, 1939 – ein Pseudoskorpion des Anhangs II der FFH-Richtlinie neu für das Saarland – Delattinia 35/36, 387-391.

Bericht:

MUSTER, C. (2020): FFH-Monitoring zur Erfassung des Pseudoskorpions Anthrenochernes stellae im Saarland. Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes. 46 S.

Kryptische Diversität in Micaria pulicaria

Genetische Untersuchungen (DNA Barcoding im GBOL Projekt) haben gezeigt, dass es sich bei der holarktisch weit verbreiteten Plattbauchspinne Micaria pulicaria um einen Komplex mehrerer Arten handelt. In Mitteleuropa lassen sich zwei Arten anhand des COI-Gens, der Färbung, der Genitalmorphologie und der Habitatbindung eindeutig unterscheiden. Die Ergebnisse wurden kürzlich auf dem 30th European Congress of Arachnology in Nottingham und auf dem SARA-Treffen in München vorgestellt.

Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit Peter Michalik am Zoologischen Institut und Museum der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald bearbeitet.

 

Publikation: MUSTER, C., MICHALIK, P. (2020): Cryptic diversity in ant‐mimic Micaria spiders (Araneae, Gnaphosidae) and a tribute to early naturalists. – Zoologica Scripta, DOI: 10.1111/zsc.12404. PDF, Supplement Taxonomy, Material examined.

Das Jena Experiment

Das Jena-Experiment ist eines der längsten Projekte zur Untersuchung der Zusammenhänge von Biodiversität und Ökosystemprozessen. Auf einer ca. 10 ha großen Fläche in der Saaleaue bei Jena wurden seit 2002 über 400 experimentelle Grünlandgesellschaften etabliert. Um Interaktionen zwischen verschiedenen trophischen Ebenen aufzuzeigen werden auch Diversität und Biomasse ausgewählter Konsumentengruppen gemonitort. Seit 2010 bestimmen Theo Blick und ich die Spinnen des Jena-Experiments. Es wurden bereits über 90.000 Spinnen determiniert. Die Koordination der faunistischen Arbeiten liegt bei der Population Ecology Group der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Erweiterte ökologische Bewertung von alternativen Ufersicherungsmaßnahmen an der Aller

Träger des Projektes „Alternative technisch-biologische Ufersicherungen an Binnenwasserstraßen“ ist die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) in Koblenz. Im Vergabeverfahren „Erweiterte ökologische Bewertung von alternativen Ufersicherungsmaßnahmen“ werden alternative technisch-biologische Ufersicherungen (Weidenpflanzungen) mit konventionell gesicherten Ufern, entsteinten Ufern und Auwaldrelikten an Aller, Weser und Main vergleichend betrachtet. Nach einheitlich festgelegtem Transektdesign werden im terrestrischen Bereich auch die Spinnen untersucht. Auftragnehmer für das Los Aller ist das Institut biota. Ich bearbeite als Unterauftragnehmer die Spinnen. Projektlaufzeit ist 2017 bis 2018.

GBOL (German Barcode of Live)

Seit 2012 arbeite ich als GBOL-Experte bei der Inventarisierung und genetischen Charakterisierung der Spinnentiere Deutschlands mit. Meine Tätigkeit im GBOL-Projekt umfasst neben der Sammlung und Überprüfung von Material auch die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse. Durch meine Sammeltätigkeit im Rahmen dieses Projektes wurde beispielsweise die östlich verbreitete Zitterspinne Pholcus alticeps erstmals in Deutschland nachgewiesen (Dresden-Kaditz).

Die Kooperation erfolgt mit dem Zoologischen Forschungsmuseum Alexander König in Bonn.

Publikationen:

ASTRIN, J.J., HÖFER, H., SPELDA, J.,…,MUSTER, C. (2016): Towards a DNA barcode reference database for spiders and harvestmen of Germany. – PLoS ONE 11, e0162624. doi:10.1371/journal.pone.0162624

MUSTER, C., SPELDA, J., RULIK, B., THORMANN, J., VON DER MARK, L., ASTRIN, J. J. (2021): The dark side of pseudoscorpion diversity: The German Barcode of Life campaign reveals high levels of undocumented diversity in European false scorpions. Ecology and Evolution 11, 13815-13829. https://doi.org/10.1002/ece3.8088.

Bestimmung und fachliche Interpretation der epigäischen Fauna (Araneae) ausgewählter Ackerstandorte des LVG Köllitsch

Die stetig fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft hat zu einem drastischen Verlust der Biodiversität der Agrarlandschaft geführt („Insektensterben“). Im Lehr- und Versuchsgut Köllitsch sollen Maßnahmen zur Erhöhung von Habitatvielfalt und Habitatqualität evaluiert werden, welche für den Landwirt agronomisch praktikabel sind. In einer zweijährigen Erfassung (2019/2020) sollen Diversität und Abundanz des standorttypischen Arteninventars (Araneae, Carabidae, Ackerwildkräuter) ausgewählter Ackerflächen des LVG Köllitsch dokumentiert werden. In 2020 soll das Wirkungspotential bestimmter Maßnahmen auf Artenspektrum, Artenanzahl und Diversitätsparameter der epigäischen Fauna ermittelt werden. Auftraggeber ist das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.